Ukraine und Russland melden neue Angriffe - trotz Feuerpause
Trotz verkündeter Feuerpause:Ukraine und Russland melden neue Angriffe
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Die von Wladimir Putin einseitig verkündete Feuerpause ist offenbar brüchig. Beide Seiten meldeten Angriffe auch nach Mitternacht. Trotzdem blieb es wohl vergleichsweise ruhig.
Ein brennender Wohnblock in Kiew nach einem Drohnenangriff aus Russland (Archivfoto).
Quelle: dpa
Die von Kremlchef Wladimir Putin verkündete Feuerpause vor dem Weltkriegsgedenken in Moskau scheint in der Nacht auf Donnerstag von russischer und ukrainischer Seite missachtet worden zu sein.
Eigentlich sollten gemäß Putins Ankündigung ab Mitternacht Ortszeit (23 Uhr MESZ am Mittwoch) die Waffen schweigen. Doch auch danach meldete die ukrainische Luftwaffe weitere Lenkbomben-Abwürfe russischer Flugzeuge über der Region Sumy. Umgekehrt habe es im westrussischen Lipezk Drohnenalarm und nächtliche Angriffe gegeben, teilte Gouverneur Igor Artamonow auf Telegram mit. Die Angaben beider Seiten ließen sich nicht unabhängig überprüfen.
Sowohl von ukrainischer als auch von russischer Seite fehlten am Morgen allerdings zunächst die Auflistungen der Attacken. Über Schäden nach möglichen neuen Drohnenattacken war zunächst ebenfalls nichts bekannt.
Putin will Weltkriegsgedenken schützen
Putin wollte mit der dreitägigen Feuerpause bis Samstag die Feiern zum Gedenken an den sowjetischen Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg vor 80 Jahren schützen. Höhepunkt der Festlichkeiten wird eine große Militärparade in Moskau vor ausländischen Gästen am Freitag sein. Die Ukraine hatte den Vorstoß des Kremlchefs aber zurückgewiesen und erklärt, sie könne die Sicherheit der Besucher bei der Parade nicht garantieren.
Am Tag des Sieges verbindet Russland das Gedenken an damals mit dem Ukraine-Krieg heute. 80 Jahre nach dem Sieg wähnt sich das Land erneut im Kampf gegen den Nationalsozialismus.07.05.2025 | 6:44 min
Zwar wurde die deutsche Kapitulation am 7. Mai 1945 in Reims unterzeichnet und trat am 8. Mai in Kraft. Doch folgte in der Nacht darauf auf sowjetischen Wunsch eine zweite Unterzeichnung in Berlin-Karlshorst, weshalb Russland den 9. Mai als Tag des Sieges feiert.
Während in Moskau die letzten Vorbereitungen auf die große Militärparade auf dem Roten Platz laufen, trifft sich Putin bereits mit ausländischen Gästen, die zu den Feierlichkeiten angereist sind. Am Donnerstag stehen bilaterale Gespräche mit dem chinesischen Staatschef Xi Jinping an, dem wichtigsten Gast. Erwartet wird der Abschluss mehrerer Verträge zwischen Russland und China, die einander als strategische Partner sehen.
Russland erwartet zum Tag des Sieges nach Kreml-Zählung 29 ausländische Delegationen. Wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine sind die früheren westlichen Alliierten nicht vertreten; die meisten Gäste kommen aus früheren Sowjetrepubliken oder sind Bündnispartner Russlands. Dazu zählen Staatschef Nicolás Maduro aus Venezuela, Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel sowie der brasilianische Staatschef Luiz Inácio Lula da Silva und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas.
Ukraine will nicht 3, sondern 30 Tage Feuerpause
In Kiew wird - ähnlich wie in Washington - Putins Angebot einer kurzen Feuerpause nicht als ernst gemeinter Einstieg in eine mögliche Friedensregelung betrachtet. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bekräftigte den weitergehenden Vorschlag einer Waffenruhe von 30 Tagen. In seiner Videobotschaft vom Mittwochabend sagte er:
Wir ziehen diesen Vorschlag nicht zurück, der der Diplomatie eine Chance geben könnte.
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Wolodymyr Selenskyj, ukrainischer Präsident
Ukrainische Drohnen legen Flugverkehr um Moskau lahm
Die ukrainische Armee hatte zuletzt fast zwei Tage lang den zivilen Flugverkehr um die russische Hauptstadt Moskau mit Drohnenangriffen lahmgelegt. Dutzende Flugzeuge konnten aus Sicherheitsgründen nicht starten oder landen oder mussten auf andere Flughäfen ausweichen. Nach Medienberichten waren etwa 60.000 Passagiere betroffen.
Russland und die Ukraine haben jeweils 205 Kriegsgefangene ausgetauscht - der fünfte Austausch seit Beginn des Jahres. Er erfolgte kurz vor der von Putin verkündeten dreitägigen Feuerpause.06.05.2025 | 1:30 min
Auch in der Nacht zu Donnerstag gab es Einschränkungen: Der Flughafen der Millionenstadt Nischni Nowgorod wurde vorübergehend für Starts und Landungen gesperrt, wie die Luftfahrtbehörde Rosawiazija mitteilte.
Russland hatte die Ukraine den ganzen Mittwoch über mit Raketen und Drohnen angegriffen. In der Hauptstadt Kiew brach ein Brand aus, der zwei Menschen das Leben kostete. Bis zum Abend gab es der Luftwaffe zufolge auch Gleitbomben-Angriffe über den Gebieten Donezk, Saporischschja und Dnipropetrowsk. Ob möglicherweise die Kämpfe am Boden nachlassen, war in der Nacht unklar.
USA unzufrieden mit Verlauf der Friedensbemühungen
Die US-Regierung äußerte sich derweil unzufrieden über mangelnde Fortschritte bei ihren Friedensbemühungen und hält russische Vorbedingungen für überzogen. "Die Russen stellen im Moment eine Reihe von Forderungen", sagte Vizepräsident J.D. Vance bei einer Veranstaltung der Münchner Sicherheitskonferenz in der US-Hauptstadt Washington. "Wir denken, dass sie zu viel verlangen." Er trat für direkte Gespräche zwischen Moskau und Kiew ein. Auch Präsident Donald Trump sagte:
Wir kommen an einen Punkt, an dem einige Entscheidungen getroffen werden müssen. Ich bin nicht zufrieden damit.
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Donald Trump, US-Präsident
Europas Unterstützung und Trumps Rohstoffdeal. Mit welchen Hoffnungen junge Menschen in der Ukraine in die ungewisse Zukunft ihres Landes blicken.07.05.2025 | 6:34 min
US-Beauftragter: Kiew schlägt Pufferzone vor
Trumps Ukraine-Sondergesandter Keith Kellogg berichtete unterdessen von angeblichen Vorschlägen der ukrainischen Seite für einen Waffenstillstand - dazu gehöre eine entmilitarisierte Zone entlang der Front. Die Ukraine sei dazu bereit, die Kämpfe in den derzeitigen Positionen einzufrieren und eine 30 Kilometer breite Pufferzone einzurichten, sagte der Ex-General dem US-Sender Fox News.
Ein weiterer Vorschlag sei, dass europäische Länder wie etwa Frankreich, Großbritannien und Deutschland den Luftraum westlich des Flusses Dnipro überwachen sollten. Aus der Ukraine gab es für diese Angaben keine Bestätigung. In Moskau sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow, Russland habe von den Amerikanern nichts zu einem solchen ukrainischen Vorschlag gehört.
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Seit Februar 2022 führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Kiew hat eine Gegenoffensive gestartet, die Kämpfe dauern an. News und Hintergründe im Ticker.