Tag des Sieges: Russland wähnt sich wieder im Kampf gegen Nazis

Propaganda zum "Tag des Sieges":Militärparade: Wie Russland den 9. Mai feiert

von Felix Klauser, Moskau
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Der 80. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland wird in Moskau mit großer Parade gefeiert. Russlands Krieg von heute schwingt bei den Feierlichkeiten immer mit.

Maschierende russiche Soldaten.
Am Tag des Sieges verbindet Russland das Gedenken an damals mit dem Ukraine-Krieg heute. 80 Jahre nach dem Sieg wähnt sich das Land erneut im Kampf gegen den Nationalsozialismus.07.05.2025 | 6:44 min
Wenn man Moskau dieser Tage mit nur einem Wort beschreiben möchte, "Ausnahmezustand" wäre vermutlich das treffendste. Sicherheitskräfte an jeder Straßenecke, regelmäßige Abschaltungen von GPS und Internet. Eine Stadt, die in ein rotes Fahnenmeer verwandelt wurde. Die Aufschrift "Sieg" ist allgegenwärtig.
Die Hauptstadt von Russland ist bereit für die Feierlichkeiten zum 80. Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland - und Russlands Politik ist es auch.

Russland wähnt sich wieder im Kampf gegen Nazis

Es gibt keinen Tag, vor dem "Tag des Sieges", an dem nicht zurückgeblickt wird: auf die Kämpfe vor 80 Jahren und auf die Heldentaten der Roten Armee im Kampf gegen den Nationalsozialismus.
Demonstrierende Anhänger Nawalnys
Nach Nawalnys Tod sucht die russische Opposition nach einer Strategie. Doch im Exil herrscht Streit, während Oppositionellen in Russland Repressionen drohen.08.05.2025 | 29:51 min
Die Helden von damals allerdings werden immer öfter in einem Atemzug genannt mit Russlands Helden von heute. Die ganz eigene, die offizielle Lesart Russlands, dass der Kampf gegen den Nationalsozialismus noch nicht beendet wäre und heute in der Ukraine fortgeführt wird, ist dieser Tage allgegenwärtig.

Wir müssen alles tun, um zu verhindern, dass das Nazitum wieder auflebt.

Wladimir Putin, Präsident Russland

Während im Kreml beide Kriege in bemerkenswerter Art gleichgestellt werden, ist Russlands Krieg von heute in zwei Regionen des Landes besonders spürbar: Belgorod und Kursk.
Seit Monaten sollen sich hier ukrainische Truppen aufhalten und es wird gekämpft. Im kleinen Dorf Kaplino, ganz im Norden von Belgorod, ist man auf besondere Art tatsächlich mit beiden Kriegen konfrontiert.
Wladimir Putin
Am 8. Mai jährt sich das Ende des Zweiten Weltkriegs zum 80. Mal. Vertreter aus Russland sind nicht zum Gedenken in Deutschland eingeladen, daran gibt es auch Kritik.04.05.2025 | 3:48 min

Suche nach Soldaten aus dem Zweiten Weltkrieg

Rund 40 Freiwillige suchen den ganzen Sommer über nach Gefallenen aus dem Zweiten Weltkrieg. Sie sind Teil der Organisation "Suche", die bereits 12.000 Soldaten von früher gefunden hat. Und noch immer weitersucht.
"Wir erweisen den Menschen, die für unser Glück gestorben sind, die letzte Ehre", meint Juri. Seit 50 Jahren ist er Teil des Suchtrupps.

Wir müssen ihnen die letzte Ehre erweisen. Wir werden weitersuchen - bis zum Letzten.

Juri Sajaz, Mitglied Organisation "Suche"

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M) legt zusammen mit den Repräsentantinnen und Repräsentanten der Verfassungsorgane des Bundes (l-r), Anke Rehlinger (SPD), Ministerpräsidentin des Saarlands und amtierende Bundesratspräsidentin, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU), Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU), und Stephan Harbarth, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, an der Neuen Wache, der zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft, einen Kranz nieder.
Am 8. Mai 1945 trat die bedingungslose Kapitulation Nazi-Deutschlands in Kraft. In Berlin wird heute des Endes des Zweiten Weltkriegs in Europa gedacht.08.05.2025 | 1:31 min
Mitten im Wald, idyllisch an einem kleinen Teich gelegen, campt die Gruppe, ausgerüstet mit Metalldetektoren und Spaten. Sie haben ein paar Zelte zum Schlafen und ein Hauptzelt mit Feldküche und langer Tafel. Darüber: die russische Fahne und das Siegesbanner, das die Rote Armee 1945 auf dem Berliner Reichstag hisste. Die Klamotten im Militärlook gehören hier dazu.
Germann ist der jüngste in der Runde und trotzdem schon seit Jahren dabei. Wie viele Soldaten er schon gefunden hat? Irgendwann hat Germann aufgehört zu zählen.

Manchmal muss man nur die Grasnarbe entfernen, ein halber Spatenstich, vielleicht ein ganzer - da liegen die Kämpfer direkt. In Oberflächennahe.

Germann, Mitglied der Organisation "Suche"

Gedenkveranstaltung auf den Seelower Höhen
80 Jahre nach Kriegsende erinnerte Seelow an die verlustreichste Schlacht des Zweiten Weltkriegs auf deutschem Boden. Das Gedenken wird aber überschattet von der Kontoverse um die Teilnahme russischer Vertreter.16.04.2025 | 1:47 min

Der Krieg rückt immer näher

Bei dieser Suchaktion aber haben sie in Belgorod noch keinen der damaligen Kämpfer gefunden - und ahnen gleichzeitig, dass bald neue Aufgaben auf sie zukommen. Der Krieg ist in den vergangenen Jahren immer näher gekommen - auch nach Belgorod. Zwei aus ihren Reihen sind gefallen. "Leider sind die Besten von uns gegangen", meint Iwan Iwanowitsch, der die Gruppe leitet.

Wir werden wohl ähnliche Arbeiten auch dort durchführen müssen, wo jetzt der Krieg tobt.

Iwan Iwanowitsch Andrejew, Leiter der Organisation "Suche", Region Belgorod

Er wisse, dass sehr viele Soldaten, sowohl auf der ukrainischen als auch auf der russischen Seite, gefallen seien wie im Großen Vaterländischen Krieg. Auch sie müssten gesucht werden, denkt Iwanowitsch.
Standbild Schaltgespräch mit Alica Jung
"Es scheint nicht so zu sein, dass der Krieg in der Ukraine Pause macht - an den Frontlinien wird weiter gekämpft", berichtet ZDF-Korrespondentin Alica Jung aus Kiew über die einseitig ausgerufene Waffenruhe.08.05.2025 | 0:46 min
Während die Suche nach Gefallenen und die Aufarbeitung auch 80 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg weitergeht, wartet schon die nächste Aufgabe auf die Suchtrupps.
Vielleicht schwingt auch dieser Gedanke bei manch einem in Russland mit, wenn am Freitag der "Tag des Sieges" feierlich begangen wird.
Felix Klauser berichtet aus Moskau über Russland, den Kaukasus und Zentralasien.

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