USA wollen laut Expertin Druck auf Ukraine ausüben

Militärexpertin zu Verhandlungen:Major: USA wollen Druck auf Ukraine ausüben

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Die USA haben offenbar ihren Plan zur Beilegung des Krieges in der Ukraine vorgelegt. Doch es seien einseitige, russische Positionen, analysiert Militärexpertin Claudia Major.

SGS Hayali Major
Trumps Ukraine-Friedensplan zeige, "dass die USA Druck ausüben auf die Ukraine, dass sie weitgehend russische Forderungen übernommen haben", sagt Sicherheitsexpertin Claudia Major.23.04.2025 | 4:30 min
In London finden derzeit Gespräche zwischen Vertretern der USA, mehrerer europäischer Staaten und der Ukraine statt. Im Zentrum steht die Frage, wie es zu einem Ende des russischen Angriffskrieges kommen kann. Ein ursprünglich geplantes Treffen der Außenminister wurde zwar verschoben, die Beratungen sind trotzdem von besonderer Brisanz. Grund dafür ist eine Liste von Plänen, die die US-Regierung vorgelegt haben soll, um zu einem - für sie zufriedenstellenden - Ergebnis zu kommen.
Medien berichten über Trumps "letztes Angebot". Das beinhalte eine juristische Anerkennung der von Russland völkerrechtswidrig annektierten Krim als russisch. Daneben werde die Besetzung weiterer unter russischer Kontrolle stehender ukrainischer Gebiete faktisch geduldet. Moskau soll sich im Gegenzug verpflichten, die Invasion entlang der derzeitigen Frontlinie einzufrieren, berichtet die "Financial Times" unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Eine solche Einigung wäre ein eindeutiger Erfolg für Russland, erklärt Claudia Major im Interview. Im heute journal spricht die Militärexpertin des German Marshall Fund über den Versuch eines Diktatfriedens und die komfortable Situation Russlands.
Sehen Sie das vollständige Interview oben im Video oder lesen Sie es nachfolgend in Auszügen.
Wolodymyr Selenskyj spricht bei einer Pressekonferent in Kiew.
In London finden wieder Gespräche über eine Waffenruhe in der Ukraine statt, wobei der US-Außenminister überraschend fernblieb. Fortschritte werden nicht erwartet. 23.04.2025 | 1:33 min

Was will die US-Regierung mit ihren Plänen erreichen?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in der Vergangenheit einem Abtreten ukrainischer Gebiete immer wieder eine klare Absage erteilt. Trotzdem scheint die Regierung von Donald Trump genau darauf zu drängen. Für Claudia Major ist das ein Zeichen, dass die USA Druck auf die Ukraine ausüben wollen. Die USA hätten "weitgehend russische Forderungen übernommen" und forcierten ein Ergebnis "egal, was es kostet". Es sei offenbar leichter, Druck auf die Ukraine auszuüben als auf Russland.

Es ist der Versuch, letztlich eine Art Diktatfrieden, eine Art völkerrechtliche Verankerung der Annexion und der Okkupation der ukrainischen Gebiete festzuschreiben.

Claudia Major, German Marshall Fund

Die im Raum stehende Pläne würden "klassische russische Positionen" wie den ukrainischen Verzicht auf die Nato-Mitgliedschaft oder die Aufhebung von US-Sanktionen für Russland enthalten, analysiert Major und spricht von einer "einseitigen Positionierung" der US-Regierung.

Claudia Major, Stiftung Wissenschaft und Politik

... ist seit dem 15. März 2025 Senior Vice President für internationale Sicherheits- und Verteidigungspolitik beim German Marshall Fund. Der German Marshall Fund of the United States (GMF) ist eine 1972 gegründete gemeinnützige Organisation, die die transatlantische Zusammenarbeit in Bereichen wie Sicherheit, Wirtschaft und Demokratie fördert. Major ist Verteidigungsexpertin mit Schwerpunkt auf Nato, europäischer Sicherheit und transatlantischen Beziehungen. Zuvor war sie Leiterin der Abteilung Internationale Sicherheit bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sowie tätig bei Institutionen wie dem Zentrum für Sicherheitsstudien der ETH Zürich und dem EUISS.

US-Vizepräsident JD Vance sieht hingegen einen "sehr fairen Vorschlag". Bei seiner Reise in Indien sagte er, die USA hätten ein "außerordentliches Maß" an Diplomatie betrieben und versucht," die Dinge aus der Perspektive sowohl der Ukrainer als auch der Russen zu verstehen".

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Was bedeuten die Pläne für Russland?

Es wirke so, als würden die zahlreichen Gespräche, die zwischen russischen und amerikanischen Delegationen seit Februar stattgefunden haben, Früchte tragen, die ganz im Sinne Russlands seien, sagt Major. Das bedeute für den eigentlichen Aggressor dieses Krieges eine "entspannte Lage", selbst wenn es nicht zu einem Abkommen käme.

Wenn die Ukraine und Europa dieses Abkommen ablehnen sollten, kann Russland den Krieg einfach fortsetzen und darauf hoffen, dass die Europäer irgendwann klein bei geben, dass die Ukraine irgendwie schwachmacht, dass die USA ihre Unterstützung einstellen und dann kann es seine Ziele auch militärisch erreichen.

Claudia Major, Militärexpertin

Wladimir Putin halte die USA hervorragend hin. Mit kleinen Schritten, wie einer österlichen Waffenruhe - die Russland direkt wieder gebrochen habe - oder einer Gefangenenfreilassung setze Russland Anreize für die USA, erklärt die Militärexpertin. Dadurch müsse der Kreml keine tatsächlichen Zugeständnisse oder Kompromisse machen. An den "wirklichen russischen Zielen" habe sich bislang nichts geändert.
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Trotz Putins Ankündigung bleibt die Oster-Waffenruhe aus. Beide Seiten beschuldigen sich gegenseitig. Selenskyj appelliert an sein Volk, die Hoffnung auf Frieden nicht aufzugeben.20.04.2025 | 1:43 min

Welche Konsequenzen könnten die USA beim Platzen eines Deals ziehen?

Laut Major ist vorstellbar, dass bei einem Ablehnen der US-Pläne durch die Ukraine die Trump-Regierung ihre Unterstützung für das angegriffene Land weiter einstellt. Bereits in der Vergangenheit sei die US-Regierung bereit gewesen, die Unterstützung im nachrichtendienstlichen Bereich zurückzufahren, "um Druck auf die Ukraine auszuüben".
Gestützt wird diese Einschätzung von jüngsten Posts des US-Präsidenten auf seinem sozialen Netzwerk, wonach nicht Putin, sondern Selenskyj durch dessen Aussagen und Taten eine Beilegung dieses Krieges erschweren würde. Bereits in den vergangenen Tagen hatte Trump mit einem Rückzug aus den Verhandlungen gedroht.
Andererseits, so Major, könnte ein Rückzug der USA aus der eigens ausgerufenen Verhandlungs- und Vermittlungsposition international den Eindruck entstehen lassen, dass die USA bei der Lösung dieses Krieges versagt hätte.

Ob das die Botschaft ist, die sie international senden wollen, das würde mich doch sehr überraschen.

Claudia Major, German Marshall Fund

Das Interview führte heute journal-Moderatorin Dunja Hayali. Zusammengefasst hat es ZDFheute-Redakteur Kai Remen.
Quelle: ZDF, mit Material der dpa

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