Zugfahrt mit Merz in die Ukraine:Wie Wulf Schmiese die Zugfahrt nach Kiew erlebte
Wulf Schmiese hat aufgeschrieben, wie er die Szene mit Macron, Merz und Starmer auf dem Weg nach Kiew erlebt hat.
Trilaterales Treffen zwischen dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem britischen Premierminister Keir Starmer und dem deutschen Bundeskanzler Friedrich Merz an Bord eines Zuges nach Kiew
Quelle: ddp
Am Freitag, den 9. Mai 2025 startete gegen 21:30 Uhr in der polnischen Stadt Medyka ein Sonderzug seine Nachtfahrt nach Kiew. Darin waren die gesamten Delegationen der drei Staatsmänner, die sich auf den Weg nach Kiew machten. Frankreichs Präsident
Emmanuel Macron, Bundeskanzler
Friedrich Merz, Großbritanniens Premierminister
Keir Starmer.
Unter strengster Geheimhaltung sind Kanzler Merz, Frankreichs Präsident Macron und der britische Premier Starmer nach Kiew gereist - im Sonderzug mit dem Namen "Bravery Express".10.05.2025 | 6:08 min
In dieser Reihenfolge waren die insgesamt zwölf Waggons gekoppelt. Ganz vorne die vier Waggons der Franzosen, dann die der Deutschen, hinten die vier der Briten. Jeweils ganz vorne der Viererkopplung war der VIP-Waggon des Staats- bzw. Regierungschefs, dann ein Waggon für die offizielle Delegation, darunter der Regierungssprecher. Dahinter die technische Delegation, also das Protokoll. Und im jeweils vierten Waggon die Presse. Jeder Waggon hatte Schlafwagen.
Ungewöhnlich kleine Zahl an Pressevertretern
Die mitreisende Presse war ungewöhnlich gering in der Anzahl: insgesamt acht Leute und zwar zusammengesetzt aus dpa, Reuters, FAZ als Schriftpresse sowie ARD als Hörfunk und ZDF wie RTL als TV. Bei der Bildpresse wurde gepoolt, wie es im Jargon heißt. Das bedeutet, ein Fototgraf, der von der dpa, stellt seine Fotos allen zur Verfügung. Ein Kameramann, für Deutschland der des ZDF, sendet seine Bilder für alle TV-Sender. Entsprechend machten es auch die anderen Nationen.
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Im Laufe der Zugfahrt kamen dann die jeweiligen Regierungssprecher zu ihrer Begleitpresse, um für Film und Fotoaufnahmen der drei Staatsmänner zu bitten. Daraufhin begann ein langer, fast hektisch wirkender Lauf vom letzten Waggon, wo die britische Presse saß, bis zum vordersten, in den Salonwagen des französischen Präsidenten. Natürlich wollte jeder aus jedem Presseteam ganz vorne dabei sein, um die seltenen Bilder zu sehen.
Entstehungsmoment des Fotos war inszeniert
Was jedoch aussieht wie ein Überraschungscrash in Macrons Waggon: Es war inszeniert. Die Staatsmänner waren informiert, sie haben es letzten Endes selbst initiiert. Denn sie wollten ja diese Bilder der gemeinsamen Reise. Erstaunt waren sie bestenfalls über die Menge der Medienleute, die dann doch an den Tisch drängten.
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Mir auf dem Fuße folgte Keir Starmer, den ich begrüßte und überholen ließ. Er scherzte, als er Macron und Merz begrüßte, über den langen Weg durch den Sonderzug. Er sei ganz hinten in Großbritannien losgelaufen, durch Deutschland gegangen und nun in Frankreich angekommen. Merz bemerkte gespielt empört: Und Du bist durch mein Badezimmer gekommen! Wir übrigens ebenso. Die Staatsmänner hatten, anders als wir, keine Schlafkabinen, sondern ganze Räume. Jeder also konnte sehen, wo deren Koffer standen, Bademäntel hingen, Pyjamas lagen.
Auf Macrons Tisch lagen wenige Unterlagen - und Taschentücher. Merz schien erkältet, es war kühl bei der Abfahrt wie während des kompletten Besuchs. Alle Möglichkeiten zum Filmen und fotografieren waren bewusst gegeben, diese Transparenz gewollt.
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von Oliver Klein und Jan Schneider