Koalitionsvertrag: Was sind die Pläne für die Bundeswehr?

FAQ

Pläne zu Wehrpflicht und Rüstung:Was steht im Koalitionsvertrag zur Bundeswehr?

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von Nils Metzger
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Verteidigung ist eines der Topthemen im neuen Koalitionsvertrag. Was bedeutet die Einigung für die Bundeswehr und was ist mit Blick auf eine Wehrpflicht geplant?

Soldaten der Ehrenformation der Bundeswehr stehen vor der Begrüßung des kroatischen Verteidigungsministers am Bendlerblock, dem Sitz des Bundesministeriums der Verteidigung.
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Wird es mehr Geld für die Bundeswehr geben?

Kurzantwort: Ja. Aber das stand schon vor dem Koalitionsvertrag weitgehend fest. Konkrete Finanzierungsziele nennt das Papier nicht, etwa auf wie viel Prozent des Bruttoinlandsprodukts die jährlichen Verteidigungsausgaben künftig steigen werden. In der politischen Debatte kursierten hier zuletzt sehr unterschiedliche Zahlen von drei Prozent und mehr.
Die von der Nato bislang geforderte Untergrenze von zwei Prozent wird derzeit nur durch das weitgehend verplante Sondervermögen von 100 Milliarden Euro erreicht - und dürfte auf dem anstehenden Nato-Gipfel im Juni deutlich nach oben geschraubt werden.
Diesen Termin wartet nun auch die Koalition ab: "Die Höhe unserer Verteidigungsausgaben richtet sich nach den in der Nato gemeinsam vereinbarten Fähigkeitszielen." Und: "Wir werden sämtliche Voraussetzungen schaffen, damit die Bundeswehr die Aufgabe der Landes- und Bündnisverteidigung uneingeschränkt erfüllen kann", ist hier das Bekenntnis.
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Welche Regelung für eine Wehrpflicht kommt nun?

Mit Blick auf die Neuregelung einer Wehrpflicht gingen Union und SPD mit unterschiedlichen Vorstellungen in die Verhandlungen. Nun, wo die SPD das Ministerium für sich beanspruchen kann, spiegelt der Koalitionsvertrag auch die Präferenz des alten und womöglich auch neuen Ministers Boris Pistorius wieder - einen auf Freiwilligkeit basierenden neuen Wehrdienst, orientiert am schwedischen Vorbild.
Verpflichtend würde für junge Männer damit lediglich das Ausfüllen eines Fragebogens zur Wehrerfassung sein. Hierfür sollen in diesem Jahr die bürokratischen Voraussetzungen geschaffen werden. Frauen werden nicht erfasst, für ihren Wehrdienst wäre eine Grundgesetzänderung nötig.
Dass Pistorius sein Amt gerne weiter ausüben möchte, hatte er im Voraus bereits betont. Auch in weiten Teilen der Truppe ist seine Beliebtheit hoch. Dort empfindet man ihn, anders als manche Vorgänger, als guten Fürsprecher für die Bedürfnisse der Soldaten.
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Wie wird die Situation der Soldaten verbessert?

Mehr Personal finden und halten kann die Bundeswehr nur, wenn sie auch als attraktiver Arbeitgeber auftritt. Viele Jahre mangelte es hier an nahezu allem - erste spürbare Verbesserung, etwa mit Blick auf die persönliche Ausstattung, gab es durch das Sondervermögen bereits. Die "individuelle Einsatzbereitschaft" jedes Soldaten soll erstes Ziel sein.
Doch viele Probleme bleiben - und anders als etwa bei vielen Fragen der Beschaffung lässt der Koalitionsvertrag mit Blick aufs Personal eher keinen Quantensprung erkennen. Die Förderung flexibler Dienstzeit- und Laufzeitmodelle kommt den Wünschen vieler Soldaten entgegen, ist aber kein neuer Ansatz.
Die Förderung von Frauen und Menschen mit Migrationsgeschichte ist auch nicht neu, ebenso die Ankündigung, die Reserve zu stärken und besser auszustatten. Konkrete Personalziele, wie die schon vor Jahren ausgerufene Erhöhung auf 203.000 Soldaten im Jahr 2031, werden nicht erwähnt. Dass solche Maßnahmen plus Wehrpflicht ohne Zwang rasch zu deutlich mehr Soldaten führen sollen, ist alles andere als gesichert.
Indirekt zu besseren Arbeitsbedingungen beitragen könnten die geplanten Reformen bei der Infrastruktur - etwa in Form von Kasernen-Baumaßnahmen, die künftig einfacher möglich sein sollen. Ausnahmeregelungen im Bau-, Umwelt- und Vergaberecht für militärische Flächen sollen genutzt werden. Wenn ein Ergebnis davon schnelles WLAN in den Stuben ist, dürfte das viele Soldaten freuen.
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Wie kann die Beschaffung besser organisiert werden?

Immer mehr Geld in ein wenig effizientes System zu schaufeln, kann keine Lösung sein. Darum will die Koalition auch das Thema Beschaffung reformieren. Dass im nächsten halben Jahr ein neues "Planungs- und Beschaffungsbeschleunigungsgesetz" kommen soll, war bereits Teil der Sondierungen.
Und es soll ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, der einen "mehrjährigen Investitionsplan" für Verteidigung erlaubt. Bislang sind die oft langwierigen Beschaffungsprojekte an vergleichsweise kurze Haushaltsjahre geknüpft, sodass durch Verzögerungen zwischen Bundestagsausschüssen, Bundeswehr und Ministerium schnell Fristen gerissen werden, die dafür sorgen, dass Vorgänge ganz neu angeschoben werden müssen.
Das Sondervermögen hat man darum etwa bewusst aus dem regulären Haushalt herausgenommen. Auch das von Experten und Industrie teils kritisierte Mitspracherecht des Haushaltsausschusses bei Großbestellungen über 25 Millionen Euro wird angepasst, der Schwellenwert angehoben.
Ein besonders dickes Brett in der Rüstungspolitik ist die Forderung nach mehr europäischer Zusammenarbeit bei der Ausstattung der Streitkräfte, etwa durch gemeinsame Bestellungen. Effizienz statt Protektionismus der nationalen Rüstungsindustrien wird seit Jahren von Experten gefordert, scheitert aber häufig an der Realität. Hier bekennt sich die Koalition zu mehr europäischer Zusammenarbeit, auch bei den Regeln über Rüstungsexporte.
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Wird Deutschland besser vorbereitet auf künftige Bedrohungen?

Dass auch die Bundeswehr nach jahrelanger Debatte bewaffnete Drohnen bekommen wird, stand schon kurz nach Russlands Invasion der Ukraine fest. Der Koalitionsvertrag hält darum nur knapp fest, dass solche und andere neuartige Systeme beschafft werden. Erwähnt wird auch die Ausstattung mit Satelliten, wo gerade deutlich wird, wie groß die Abhängigkeit von den USA ist.
Bei der langwierigen Zertifizierung von neuem Militärgerät sollen unnötige Schritte wegfallen und die Zusammenarbeit von Bundeswehr, Rüstungsindustrie und Forschung bei Technologie wie Drohnen und Künstliche Intelligenz soll vertieft werden. Hemmnisse für zivil-militärische Forschung sollen abgebaut und die Bundeswehr einen "vereinfachten Zugang" zu Forschungseinrichtungen erhalten. Ob das etwa ein Ende der an vielen Universitäten geltenden Zivilklauseln bedeuten könnte, ist nicht klar.
Immer wieder standen deutsche Behörden in der Kritik, weil sie große geostrategische Herausforderungen nicht haben kommen sehen oder unzureichend vorbereitet waren. Der Umbau des Bundessicherheitsrats zu einem Nationalen Sicherheitsrat mit einem gemeinsamen Lagebild aller Ressorts soll da Abhilfe schaffen. Die Ampel hatte solche Pläne noch wegen Unstimmigkeiten aufgegeben, nun soll er doch kommen. Ebenso übergreifende Krisenstäbe und ein Nationales Lagezentrum im Kanzleramt.
--DEFENCE-
Angesichts der Bedrohung durch Russland plant die künftige Bundesregierung massive Investitionen in die Verteidigung. Der Bundestag hat gestern grünes Licht für nahezu unbegrenzte Ausgaben gegeben. Doch wofür genau soll das Geld fließen?19.03.2025 | 2:44 min

Wie steht Deutschland künftig zur Nato und zu den USA?

Der Koalitionsvertrag unterstreicht die transatlantische Partnerschaft:

Unser Bekenntnis zur Nato und zur EU bleibt unverrückbar. Das transatlantische Bündnis und die enge Zusammenarbeit mit den USA bleiben für uns von zentraler Bedeutung.

Koalitionsvertrag von Union und SPD

Die Nato-Beitrittsperspektive für die Ukraine wie auch die Militärhilfen sollen beibehalten werden. Das Dokument geht zumindest indirekt auf Überlegungen zu einer veränderten, europäisch organisierten nuklearen Teilhabe ein, indem es von einem "europäischen Pfeiler der Nato" spricht, den man aufwerten wolle. Als Bereitsteller von Atomwaffen werden die USA nicht namentlich erwähnt.
Auch mit Blick auf internationale Organisationen und multilaterales Handeln durchzieht den Koalitionsvertrag zwar ein Wunsch nach Kontinuität, aber vor allem die Gewissheit, dass wenig noch so ist wie vor einigen Jahren.

Schwarz-rote Koalition steht
:Große Linien, Ministerposten, wie es weitergeht

Die Spitzen von Union und SPD sind sich einig: Deutschland soll eine schwarz-rote Koalition bekommen. Worauf sich Schwarz-Rot verständigt hat und wer welche Ministerien bekommt.
von Dominik Rzepka
Markus Söder (l-r), Ministerpräsident von Bayern und CSU-Vorsitzender, Friedrich Merz, Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Bundesvorsitzender, Lars Klingbeil, SPD-Fraktions- und Bundesvorsitzender, und Saskia Esken, SPD-Bundesvorsitzende
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