Kampf um den Auto-Standort: Ein Auto, 3.300 US-Dollar Lohnkosten

Kampf um den Auto-Standort:Ein Auto, 3.300 US-Dollar Lohnkosten

von Dennis Berger
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Deutschlands Autoindustrie ist die teuerste der Welt. Die Gründe gehen weit über hohe Löhne hinaus. Warum VW & Co. dringend umdenken müssen.

Typical: Autoindustrie
Die Stimmung in der deutschen Autoindustrie - inklusive Zulieferern - ist schlecht.
Quelle: dpa

Die Produktion eines Autos kostet in Deutschland mehr als anderswo auf der Welt. Allein die Arbeitskosten betragen im Schnitt 3.307 Dollar pro Fahrzeug – ein weltweiter Spitzenwert, wie eine neue Analyse von Oliver Wyman zeigt.
Die Strategieberatung hat über 250 Autowerke weltweit unter die Lupe genommen und zur besseren Vergleichbarkeit die Arbeitskosten in US-Dollar berechnet. Das Ergebnis: Deutschland ist der teuerste Produktionsstandort der Branche.

Großes Gefälle

Die Arbeitskosten umfassen Löhne, Sozialbeiträge und Pensionsleistungen. Zum Vergleich: In China kostet die Arbeit 597 US-Dollar pro Fahrzeug, in Mexiko 305, in Marokko nur 106 US-Dollar. In den USA und Frankreich sind die Arbeitskosten pro Fahrzeug weniger als halb so hoch wie in Deutschland.
Mitstudienautor Daniel Hirsch von Oliver Wyman sagt:

Diese Unterschiede sind zum großen Teil auf die hohen Lohnneben-, Energie- und Bürokratiekosten zurückzuführen, aber auch auf zu komplexe Produkte.

Daniel Hirsch, Mitstudienautor

Allein bei VW erreichen einzelne Modelle Arbeitskosten von bis zu 8.000 US-Dollar – pro Stück. Ein Grund: Deutsche Werke produzieren oft viele Modellvarianten und Antriebsarten auf einer Linie, was die Produktion verlangsamt und verteuert.
Chinesische Hersteller brauchen laut der Studie im Schnitt 12 Stunden, um ein Auto zu bauen. Deutsche Premiumhersteller hingegen 28 bis 32 Stunden.
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China verliert Wettbewerbsvorteil

In Deutschland sind die Arbeitskosten hoch. Doch wie geht es den Arbeitnehmern damit? "Lohn-Nebenkosten spiegeln den Entwicklungsstand der Gesellschaft wider", meint Beatrix Keim, China-Expertin und Direktorin des Center Automotive Research.
In den USA gibt es keine Krankenversicherung wie bei uns. In China reiche das Versicherungsnetz bei Weitem nicht aus.

Es ist nur eine Frage der Zeit, bis auch in China die Lohnkosten weiter steigen, was sie in den letzten 20 bis 30 Jahren bereits massiv taten.

Beatrix Keim, China-Expertin

Ökonomen rechnen damit, dass China seinen Wettbewerbsvorteil bei den Arbeitskosten nach und nach verlieren wird. Denn mit der Wirtschaft wachsen auch Löhne, Sozialabgaben und Steuern. Nicht umsonst zog die Elektronikindustrie von China nach Vietnam, erklärt die Expertin.
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Ist der Standort Deutschland noch zu retten?

Anstatt die Prozesse zu optimieren, sehen deutsche Autobauer in den hohen Arbeitskosten hierzulande ein Argument für Standortverlagerungen: In Ungarn entsteht ein neues BMW-Werk. VW verlagert den Golf von Wolfsburg nach Mexiko. Die Produktion der kompakten E-Modelle von Cupra und VW wandert aus Kostengründen nach Spanien.
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Industrie und Politik müssen sich also mächtig ins Zeug legen, um die Autoproduktion langfristig in Deutschland zu sichern. "Hohe Energiekosten und ausufernde Bürokratie sind weitere Probleme für den deutschen Produktionsstandort", sagt Autoexperte Frank Schwope von der Fachhochschule des Mittelstands in Hannover.
Besonders die aktuelle Zollpolitik der USA werde einige Hersteller und Zulieferer dazu bewegen, ihre Produktion dorthin zu verlagern.

Über die Jahre und Jahrzehnte werden die Arbeitsplätze in der deutschen Autoindustrie sicherlich weiter nach und nach abschmelzen.

Frank Schwope, Auto-Experte

Automatisierung und Künstliche Intelligenz könnten zwar helfen, ergänzt Daniel Hirsch, doch die hohen Energiekosten machten neue Technologien in Deutschland extrem teuer.
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