Musik hören und mentale Gesundheit: Wie Musik bei Stress hilft

Die Macht der Musik:Wie Musik die mentale Gesundheit stärken kann

von Arlette Geburtig
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Entspannung, Ablenkung, Therapie - Musik hat großen Einfluss auf den Menschen. Wie sie den Menschen gesünder, glücklicher und zufriedener macht, erklärt ein Musiker und Psychologe.

Singender Arzt
Matthias Heileins Praxis ist ziemlich einmalig: Der Hausarzt behandelt lieber in schwarzem Leder als im weißen Kittel. Seine musikalischen Einlagen am Klavier kommen bei seinen Patienten gut an. 17.02.2025 | 5:12 min
Musik berührt uns wie kaum ein anderes Medium. Sie tröstet, motiviert und bringt Menschen in Bewegung. Doch Musik kann noch mehr: Forschungen zeigen, dass Musik auch physiologische Prozesse im Gehirn positiv verändern kann.

Musik wirkt auf Emotionen

Einer der wichtigsten therapeutischen Effekte sei, dass "Musik Emotionen regulieren kann", sagt Stefan Kölsch, Musikpsychologe und Neurowissenschaftler.

Musik kann unsere Stimmung aufhellen.

Stefan Kölsch, Psychologe und Neurowissenschaftler

Erst seit einigen Jahrzehnten entdecke die psychosomatische Medizin, "wie schädlich andauernde negative Gefühle für unsere Gesundheit sind", so Kölsch, der selbst Musik studiert hat.

Stefan Kölsch
Quelle: Niels Westra

... ist ein deutsch-amerikanisch-norwegischer Wissenschaftler. Er hat Instrumental- und Vokalmusik studiert und die künstlerische Reifeprüfung erlangt. Danach studierte er Psychologie und Soziologie.

Er promovierte am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften und habilitierte 2004 im Fach Psychologie. Derzeit forscht Kölsch an der norwegischen Universität Bergen, wo er auch Professor für biologische, medizinische und Musikpsychologie ist.

Tanzendes Pärchen (Collage)
Musik ist die universelle Sprache der Gefühle - eine ständige Verbündete mit direkter Wirkung auf Herz und Hirn. "Terra X" entdeckt die emotionale Wechselwirkung von Musik und Lebensgefühl.30.04.2025 | 43:33 min
Negative Emotionen wie Angst oder Stress belasten den Körper und können langfristig zu ernsthaften Erkrankungen führen. Musik kann hier gegensteuern: Wie bereits mehrere Studien belegt haben, kann das Hören von Musik den Spiegel des Stresshormons Cortisol deutlich senken.
Besonders effektiv ist die aktive Teilnahme - also Singen, Tanzen oder Musizieren. Dadurch werden zusätzlich Glückshormone wie Dopamin und Oxytocin ausgeschüttet.

Auch mitklopfen oder im Takt atmen verstärkt den Effekt.

Stefan Kölsch, Psychologe

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Therapie mit Musik

In einigen Krankenhäusern wird Musiktherapie mittlerweile zur Unterstützung von Patienten mit Angstzuständen oder Depressionen eingesetzt. Therapeuten nutzen gezielte Musik, um emotionale Blockaden zu lösen und den Heilungsprozess zu fördern. Auch bei Patienten mit chronischen Schmerzen kann Musiktherapie Schmerzen lindern.
Eine Studie der University of Utah zeigt, dass Musik Schmerzreize im Gehirn "überlagern" kann. Wenn Menschen bewusst Musik hören und sich darauf konzentrieren, werden weniger Schmerzsignale ans Gehirn weitergeleitet. Musikpsychologe Kölsch rät, Musik auch im Alltag gegen Stress, Ängste oder bei Schmerzen einzusetzen.
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Musik kann heilen

Stefan Kölsch beschäftigt sich mit der Frage, wie Musik das Wohlbefinden steigern oder Heilungsprozesse im Körper unterstützen kann. Aktuelle Studien zeigen, dass Musiktherapie bei Alzheimer, Depressionen und chronischen Schmerzen helfen kann.
Außerdem empfiehlt Kölsch, eine persönliche Playlist mit beruhigender Musik zu erstellen und "den Takt der Musik mit der eigenen Atmung zu synchronisieren."
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Anna ist Musiktherapeutin und arbeitet mit Babys. Für den kleinen Hugo, der einen Herzfehler hat, ist ihre Therapie sehr beruhigend - und auch für seine Eltern.15.05.2023 | 1:17 min

Hoffnung für Alzheimer-Patienten

Aktuell wird der Einsatz von Musik bei neurodegenerativen Erkrankungen erforscht. Dazu gehören Parkinson und Alzheimer, eine der häufigsten Formen von Demenz. Neurowissenschaftler Stefan Kölsch hat dazu in einer Langzeitstudie Alzheimer-Patienten ein Jahr lang regelmäßig gemeinsam singen lassen. Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend.

Es sieht so aus, als könnte das Singen das Absterben von Nervenzellen und Zellfunktionen verlangsamen.

Stefan Kölsch, Universität Bergen

Auch andere Studien bestätigen: Musik stimuliert das Gehirn und kann Erinnerungen aktivieren, selbst wenn das Sprachvermögen bereits stark eingeschränkt ist. Besonders bekannte Melodien aus der Jugendzeit haben einen starken Effekt, da sie tief im Langzeitgedächtnis verankert sind.
Alte Menschen sitzen mit Weihnachtsmützen auf dem Kopf zusammen und singen Weihnachtslieder.
In einem Pflegeheim in England singt der älteste Chor der Welt, ausgezeichnet mit einem Guinessbuch-Rekord. Die 17 Herrschaften haben ein Durchschnittsalter von 94 Jahren.20.12.2024 | 1:19 min

Gemeinsames Musizieren macht glücklich

Ob im Chor, in einer Band oder beim Singen mit Freunden: Musik fördert das Gemeinschaftsgefühl und stärkt soziale Bindungen. Das liegt unter anderem daran, dass beim Musizieren Oxytocin ausgeschüttet wird - ein Hormon, das Vertrauen und soziale Nähe stärkt.

Musik verbindet Menschen und kann sogar Einsamkeit lindern.

Stefan Kölsch, Psychologe

Eine Studie der University of Oxford von 2015 zeigt, dass Menschen, die gemeinsam singen, sich schneller miteinander verbunden fühlen als durch Gespräche.
Musik kann mehr sein als nur Hintergrundgeräusch. Vor allem, wenn sie als bewusstes Mittel für mehr Wohlbefinden und Gesundheit genutzt wird.
Arlette Geburtig ist Redakteurin der ZDF-Sendung "Volle Kanne - Service täglich".
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Quelle: dpa

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